Hier meldet sich mal wieder die Abteilung für seltene Hamsterkrankheiten und deren Behandlung aus dem schönen Herzogenrath!
Nachdem unsere Region, wenn nicht gar das ganze Aachener Grenzland, - zumindest was Hamstermänner angeht - total Demodex-verseucht zu sein scheint, während der nicht davon betroffene Teil der männlichen Hamsterbevölkerung der trendigen, wenn auch vielleicht etwas fragwürdigen Diagnose "Hypersex" (u.a. Hamses) betont offen gegenüber steht, und sich wieder andere einen entzündeten Bauchnabel (Opi Julius) oder einen Darmvorfall (Opi Felix) gönnen, und nachdem unsere Hamsterdamen - abgesehen von Fritzi, und das ist schon lange her - sich weigern, an einer ordinären GBE zu sterben und sich lieber komplizierte Mischinfektionen (Cleo), ein Herzleiden (wieder Cleo, mglw. auch Coco) oder Tumore der übelsten Sorte im gesamten Bauchraum (Aura) zuziehen oder einfach so aus den Latschen kippen (Chanel), muss mal wieder was Neues her. Das dachte sich zumindest der Hamses, und brütete - so die Diagnose unserer TÄ - ein "Sohlenballengeschwür" aus...
Glücklicherweise habe ich es anscheinend verhältnismäßig früh gemerkt, weil ich neulich im Auslauf genau hingeschaut habe, als Hamses auf mich zulief und ich dabei aus meiner "Vogelperspektive" ein ganz leichtes Humpeln seiner rechten Vorderpfote wahrnehmen konnte.Die Pfote stellte sich als geschwollen und blutunterlaufen dar, um einen schwarzen "Knubbel" an der Unterseite herum, den ich zunächst fälschlich für Schorf auf einer mutmaßlichen Verletzung der Innenseite seiner Pfote hielt. Als sofortige Gegenmaßnahme trug ich eine antibakteriell wirkende Augen- und Ohrensalbe (Polyspectran) auf.
Die TÄ diagnostizierte dann ohne Schwierigkeiten sofort ein sog. "Sohlenballengeschwür". Das ist laut Google durchaus queerbeet verbreitet bei allem, was Sohlenballen hat (Säugetiere, Vögel, Reptilien), kommt allerdings eher seltener beim Hamster vor. Sofort werden Erinnerungen am Hamses' Vor-Vorgänger Karlchen mit seiner geschwollenen und später operierten Pfote wach, aber damals war nie von einem Sohlenballengeschwür die Rede, und außerdem sah das Ganze für mich durchaus anders aus; bei seiner Operation wurde am Ende ein beachtliches Stück "verändertes Gewebe" überraschend tief aus dem Inneren seiner Pfote entfernt, während bei Hamses das Geschwür augenscheinlich ziemlich weit außen im Gewebe des Ballens sitzt.
Noch am selben Tag nach Auftragen der Salbe zeigte Hamses bereits keine Schonhaltung mehr und spult nun wieder scheinbar unbeeindruckt sein (enormes) Laufpensum ab. Das Gute ist: solche Geschwüre können durch konsequente Behandlung ausgeheilt werden; das Mittel der Wahl ist natürliches Bienenwachs, für Hamses wird eine Salbe auf dieser Basis hergestellt. Leider zieht sich das ein bisschen hin, weil die TÄ noch nicht alle Ingredienzien für die Rezeptur beschaffen konnte. Zwischenzeitlich wird eine Creme mit natürlichem Bienenwachsgehalt (Lindesa) angewendet, möglichst oft und abwechselnd mit der Augensalbe. Im www fand ich noch eine andere Salbe auf Aloe Vera-Basis; auf Nachfrage bei der TÄ könnte auch das eine geeignete Alternative sein.
Blöderweise habe ich in der ganzen Aufregung versäumt, zur Dokumentation des Behandlungsverlaufes gleich mal ein Foto von der Pfote zu machen.
Auf diesem Bild ahnt man zumindest, dass die Pfote nicht so ganz normal aussieht und deutlich angeschwollen ist:
Die nächsten beiden vergrößerten Bildausschnitte zeigen die Pfote von unten, ...
... beide am selben Tag, ein paar Tage nach Beginn der Behandlung:
Einen Tag später (heute) sieht es so aus:
Die Schwellung ist, verglichen mit dem Tag, an dem ich sie entdeckte, inzwischen deutlich zurückgegangen, und auch die Rötung ist stark verringert.
Was man aber auch sieht: an der anderen Pfote, seiner linken, beginnt sich mittlerweile ein weiteres "Baby-Geschwür" auszubilden!
So unerfreulich dies zunächst scheint, hat es m.E. sogar etwas Positives, denn:
1. Die TÄ ging wie gesagt von einem heilbaren Geschwür aus, dessen Entstehungsgrund erst einmal unbekannt war. Würde man diese Diagnose in Zweifel ziehen und stattdessen einen bösartigen und streuenden Tumor vermuten, so dürfte es wohl extrem unwahrscheinlich sein, dass dieser ausgerechnet perfekt spiegelbildlich auf die andere Körperseite streut.
2. Viel wahrscheinlicher erscheint die Möglichkeit, dass die Geschwüre tatsächlich durch irgendeinen Umstand beim Laufen entstanden sind. Tunlichst sollte man dann, zusätzlich zur Behandlung, die Ursache erkennen und - soweit möglich - abstellen.
Damit wären wir bei der Ursachenforschung. Zunächst erschien es rätselhaft, wodurch Hamses sich so etwas zugezogen haben könnte. Sein Gehege-Laufrad ist korkbeschichtet, ansonsten läuft er über Einstreu, Hanfmatten, Korkrinden, Sand und Buchenholz, und im Auslauf über ebenes Laminat. Lauffreude pur, sollte man meinen. Dazu kommen im Auslauf noch Laufräder (WodentWheel und Rodipet 32er Kork) sowie Flying Saucer (benutzt er selten), alles komplett unbedenklich.
Die Google-Recherche bringt Wunderliches hervor (das sich jedoch offenbar auf andere Tiere als Hamster bezieht), denn da ist u.a. tatsächlich von "Bewegungsmangel" als mögl. Ursache die Rede. Ausgerechnet Hamses, der abends der Erste und morgens der Letzte ist und unentwegt rennt...!
Es gibt aber inzwischen eine tragfähige Hypothese. Dass das Geschwür zunächst nur auf einer Seite aufgetreten ist, hatte erstmal zu einem Erklärungsnotstand geführt. Warum nicht an beiden Pfoten, wenn es doch am Untergrund oder so liegen sollte, oder an Hamses' individuellem Laufstil? Dieser wirkt normalerweise nicht auffällig (im Gegensatz etwa zu dem staksigen Gang des alternden Felix, der trotzdem keine Geschwüre bekommen hat).
Anne (honeycake) wies aber darauf hin, dass Hamsi vielleicht eine angeborene oder erworbene Fehlstellung, Rückgradverkrümmung oder so etwas haben könnte und als Vielläufer, der er nun einmal ist, die Pfoten über Gebühr ungleichmäßig belastet. Das ging schon in die - hoffentlich! - richtige Richtung. Denn jetzt fiel der Groschen!
Hamsi hat nämlich eine eigentümliche Angewohnheit: als verantwortungsbewusster und aufmerksamer Verkehrsteilnehmer möchte Hamsi nämlich sehen, wohin er radelt. Da er natürlich nicht geradeaus durch die Lauffläche hindurchgucken kann, muss er sich "aus dem Seitenfenster lehnen", also leicht schräg laufen, so dass er aus der offenen Seite seines Karlie-Rades in Laufrichtung nach vorne schauen kann, der Bekloppte...
Und dabei hat er sogar eine Vorzugsrichtung: meist läuft er auf die Gehegefrontscheibe zu, und seltener in Richtung Rückwand. Läuft er auf die Frontscheibe (also auf uns) zu, so neigt er sich beim "Hinauslehnen" ein bisschen über seine rechte Pfote und belastet diese stärker, rollt den Fuß womöglich auch unnormal ab. Dies würde also nicht nur die unterschiedliche Belastung der beiden Pfoten schlüssig erklären, sondern auch, warum die rechte Pfote die stärker betroffene ist.
Nun kann ich entweder
1. Hamses' Gehegelaufrad vorläufig konfiszieren,
2. es teilweise "einhausen", so dass ihm die Sicht nach vorne versperrt (und damit hoffentlich für ihn sinnlos) wird,
3. oder ein altes WodentWheel reaktivieren (da kann er sich nicht, wenn es dreht, rauslehnen; leider ist es lauter als das Karlie-Rad).
Wenn Hamsi heute Abend im Auslauf ist, werde ich mal schauen, ob es Variante 2 oder 3 werden wird. Dann ist da noch das 32er Rodipet-Korklaufrad im "Sportstadion". Ob er da auch seinen seltsamen Laufstil pflegt, weiß ich ehrlich gesagt nicht wirklich; so oft sieht man ihn nicht da drin, meist ist er im Zimmer unterwegs. Umständlich abmontieren werde ich es nicht, zur Not wird es einfach irgendwie verklemmt und somit stillgelegt.
Bitte Daumen drücken, dass der Erklärungsversuch stimmt; dann müsste die Wahrscheinlichkeit hoch sein, das Problem wieder leicht in den Griff kriegen zu können!